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Peter Richter / August

Zwei Paare, die aus Berlin nach New York gezogen sind, glauben (mal mehr, mal weniger), es geschafft zu haben. Einer von ihnen, der - Vorsicht Klischee! – mit Immobilen viel Geld verdient hat, mietet für gemeinsame Ferien ein Haus und so verbringen die Vier einen Sommer in den, na klar, Hamptons. Es werden weitere Klischees erfüllt: auch in den Ferien müssen es Porsche und überteuerte hippe Lebensmittel sein, ein exaltiertes Kindermädchen - und dann erscheint auch noch ein Guru. Klingt nach einem Ferien- und Sommerroman, ist aber mehr eine Gesellschaftsstudie, ein Blick auf die Leere in den Leben der Paare. Und so hat der Guru leichtes Spiel. Sehr spannende Betrachtung aktueller Wohlstandsphänomene …. Als Buch die ideale Begleitung zum Whiskey sour.

Her damit!

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Sven Regener / Glitterschnitter

Auf der sommerlichen JazzOpen hatte ich das wunderliche Vergnügen, diesem alten Kauz zwei Stunden mit seiner ebenso kauzigen Band Element of Crime zu lauschen. Herrlich schräge, melancholische (Finger weg von meiner Paranoia // Die war mir immer lieb und teuer…) Songs. Nicht viel anders sind ja seine Bücher. Glitterschnitter ist eine Band, die zum Ruhm strebt. In Berlin natürlich, wo es noch eine Mauer gibt. Das ist an sich schon nicht einfach, aber Regener ersinnt (oder eher: erinnert?) allerlei menschliche und technische Komplikationen. Natürlich darf Herr Lehmann nicht fehlen; sein Kampf mit der Cappucino-Maschine, ja, eigentlich schon mit dem Produkt, ist köstlich zu lesen.

Insgesamt reicht Glitterschnitter nicht ganz an den famosen Beginn der Serie um Herrn Lehmann, eben Herr Lehmann, heran, ist aber immer noch ein großes Lesevergnügen. Kopfschütteln und hemmungsloses Kichern sind garantiert.

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Sun Zi / Die Kunst des Krieges

Dieses sehr schmale Büchlein ist ja nun über 2500 Jahre alt und beschäftigt sich vor allem mit strategischen Überlegungen zur Kriegsführung. Will man ihn, muss man ihn führen? Und wenn ja, wie? Das Werk resp. die Überlegungen und Empfehlungen des Autors haben ja nicht nur zweieinhalb Jahrtausende die chinesische Politik beeinflusst  -  und deren langfristig angelegte Macht-Bestrebungen, sondern insbesondere in der westlichen Welt auch die Strategien regionaler und globaler Wirtschaftsführer. Neuerdings erlebt Meister Sun auch ein intensives Revival in westlichen Think Tanks und Militärakademien – warum wohl? Jedenfalls, wer da mitreden will, dem sei dieses Büchlein anempfohlen. Es sieht obendrein noch sehr schön aus, wenn das so aus dem Attaché rausschaut, oder wie zufällig auf dem Schreibtisch liegt – das macht Eindruck!

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Chris Lloyd / Gare d'Austerlitz

Da hat Suhrkamp wieder einen coolen Krimi an Land geholt: Er spielt in finsterster Zeit (1940!) im soeben von den Nazis besetzten Paris. Ein Inspecteur mit richtig viel Stress, reichlich Action. Finten- und wendungsreich, ein echter Pageturner!
 

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Gilbert Keith Chesterton / Die Wildnis des häuslichen Lebens

Joachim Kalka legt hier eine wundersame Sammlung von Skizzen, Fragmenten und kleinen Essays des Erfinders der „Pater-Braun-Geschichten“ vor. Ein wunderbares Vergnügen, gewitzt, verschmitzt, stets den Schalk im Nacken: „Es ist vollkommen offensichtlich, daß es in jedem anständigen Beruf (wie dem Maurerhandwerk oder der Literatur [!]) im Grunde nur zwei Möglichkeiten gibt, Erfolg zu haben. Entweder leistet man sehr gute Arbeit, oder man betrügt.“ Eben.

Ein schöner schmaler Band zum Herumschmökern, viel Munition für den Small-Talk. Ich werde bei nächster Gelegenheit in fröhlicher Runde das Wesen der 12 Geschworenen referieren!

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Steven Price / Der letzte Prinz

Ein kanadischer Lyriker und Autor befasst sich mit der Entstehungsgeschichte des großen Sizilien-Romans „Der Leopard“ (Il Gattopardo im Original, in früheren deutschen Auflagen auch Der Gattopardo) – was kann daraus werden? Nach Meinung der Feuilletons großer deutscher Tageszeitungen eher nichts! In einer dieser Kritiken geht es um mangelndes Stilgefühl und um die Sprache, in einer anderen wird beanstandet, historische Tatsachen seien verdreht worden. Hallo, es ist ein Roman, keine Biografie.

Und deshalb kann man sich auch einfach mal darauf einlassen. Natürlich ist die Geschichte des letzten Sprosses eines einst mächtigen Adelsgeschlechts, der die Diagnose erhält, unheilbar krank zu sein, ein Buch über seinen Urgroßvater schreibt und stirbt, ohne mitzuerleben, wie das Buch verlegt und ein Welterfolg wird, kein „Reißer“. Die melancholische Grundstimmung wird manches Mal etwas übertrieben, die „Handlung“ mäandert aus Palermo hinaus über die Insel Sizilien und zurück über Palermo nach Rom, den Ort des Todes.

Wenn man das, was man über die Entstehung des „Gattopardo“ zu wissen glaubt, hintanstellt, ist dieses Buch nur die Geschichte des Lebens eines Mannes, der seine letzte Lebensenergie in ein Buch steckt (aber auch nicht weniger); vielleicht auch einfach ein schöner Impuls, sich dem großen Sizilien-Roman direkt wieder einmal zuzuwenden. Der ist mindestens ebenso lesenswert!

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Julia Deck / Privateigentum

Also, ich bin ja ein klassischer Großstädter. Ich brauche (noch, jaja) dieses pulsierende Leben, so ohne Stadt wird mir Gegend recht schnell zu „zu viel Gegend hier“. Deswegen kann ich den Impuls der Protagonisten dieser sehr bösen Geschichte, aus Paris in eine ökologisch korrekte Vorstadtsiedlung zu ziehen, nicht ganz nachvollziehen. Ja, und dort ist’s dann auch wirklich viel schlimmer als in der Stadt. Lauter üble, intrigante Menschen. Fassade! Herrlich! Julia Deck seziert bitterböse, nein, genüsslich, den Vorstadtalptraum  -  140 Seiten Spaß. Und, zum Glück, auch Pariserinnen und Pariser können die Keule rausholen.

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