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Daniel Kehlmann / Du hättest gehen sollen

Draußen ist es duster und kalt, hier so am Laptop ist’s warm, nachgerade behaglich  -  der ideale Zeitpunkt, eines der meistgehypten Bücher dieser Tage zu würdigen: die kleine Horror-Erzählung Du hättest gehen sollen von Daniel Kehlmann. Was wurde nicht alles geschrieben: Ein Meisterwerk. Ja, das stimmt. Ein zauberhaftes, beklemmendes Kleinod, ein Kunstwerk. Ja, alles das stimmt.

Herrlich, der Schauerroman früherer Zeiten, wieder jung und frisch. Beklemmend in der Wirkung, ohne abstoßend oder gar brutal blutig zu sein. Die Drehung der Schraube kommt einem in den Sinn, hinten winkt H.P. Lovecraft  

Wunderbar der kleine Gag: das verwunschene Haus wurde mit airbnb angemietet …

 

Also ehrlich, das MUSS man einfach gelesen haben.

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Gard Sveen / Der letzte Pilger

Gard Sveen / Der letzte Pilger

Wie bei vielen gut recherchierten Kriminalromanen bekommt man eine andere Perspektive, einen anderen Blick auf etwas, das man als halbwegs gebildeter politischer Mensch zu kennen glaubte. Sveen entführt uns in die 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als Norwegen von den Nazis besetzt war. Widerständler und Kollaborateure, Geheimagenten und wirtschaftliche Interessen - all das war 1945 mit der Kapitulation nicht vorbei und reicht weit in unser Jahrtausend hinein, führt im Jahr 2003 zu einem grausamen Mord an einem norwegischen Idol des Widerstandes. Eine spannende, absolut plausible Story, ein in seiner Zerrissenheit polarisierender Ermittler - sehr lesenswert.

 

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Matthias Brandt / Raumpatrouille

Viele von uns erinnern sich noch an Dietmar Schönherr und die bezaubernd-spröde Eva Pflug, an hastige Rückstürze zur Erde, böse außerirdische Frogs im Nacken. Wir erinnern und aber auch an die Bonner Republik, an Willy Brandt: Sein Sohn Matthias, der begnadete Schauspieler und Sprecher, legt eine Geschichtensammlung vor, die Lust auf mehr macht: Knapp, voller Empathie, gekonnt Worte setzend - und sehr spannend zu lesen; Matthias Brandt schreibt über seine Kindheit, als ob er nie etwas anderes getan hätte. Ein unfassbar gutes, gelungenes Debut. Umwerfend die Liebeserklärung an den Vater auf den letzten Seiten. Toll, muss man lesen.

Da kann man nicht vorbei

 

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Michael Dobbs / House of Cards

Und, beim nächsten Mal in Gesellschaft, der kleine Tipp, wenn das Gespräch tatsächlich auf House of Cards kommt: Die Uridee ist ein Roman aus dem Jahr 1989, der die Zeit nach Maggie Thatcher darstellt. Ein wirklich böser, fesselnder Politthriller von Michael Dobbs Ein Kartenhaus, den der geschäftstüchtige Verlag jetzt in Neuauflage, na klar:

House of Cards

nennt.

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Bernhard Aichner / Totenhaus

Totenhaus knüpft an das Buch „Totenfrau“ an. Wer „Totenfrau“ gelesen hat, konnte sich eine Fortsetzung sicher nicht vorstellen  –  wer das Buch nicht gelesen hat, erfährt einerseits genug über die Vorgeschichte und wird andererseits auch deshalb kein Problem haben, weil es sich nicht um eine echte Fortsetzung handelt. Die Story fußt auf den Begebenheiten des ersten Bandes, entwickelt aber rasch verschiedene Handlungsstränge, deren zentrale Figur lange im Verborgenen bleibt. Wenn man sich auf die etwas weit hergeholte Idee des Einstiegs in das Buch einlässt, begibt man sich mit dem Autor in eine Geschichte, in der die Anzahl der skurrilen und (etwas) verrückten Personen deutlich größer ist, als die, die man so gemeinhin als normal bezeichnen würde. Ein Tipp: Nicht alle als Nebenfiguren auftauchenden Personen sind so unwichtig, wie sie dargestellt werden.

Totenhaus ist nicht so konsequent und logisch gradlinig wie „Totenfrau“, aber eine spannende Geschichte mit einem Ende, das einem während des Lesens immer als die unwahrscheinlichste Lösung vorkommt. Kein leichter Stoff.

Mal schau’n

 

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Till Räther / Fallwind

Kommissar Adam Danowski, der schon in zwei Fällen eher über den einzelnen Auftrag hinaus ermittelt hat und aufgrund seiner psychischen Disposition der Hypersensibilität dabei persönlich mehr beeinträchtigt wurde, als er aushalten konnte, hat sich in eine Abteilung versetzen lassen, in der er aus der ruhigeren Zone des Back-Office die Kollegen vor Ort unterstützen soll.

Man ahnt es: für Danowski klappt das nicht, er ist bald wieder mitten drin. Die Geschichte entwickelt sich eher unspektakulär auf dem Land (Friesland!) und, wie so oft, aus viel älteren Begebenheiten heraus. Insgesamt weniger temporeich als bei den beiden vorigen Fällen dieses Kommissars, aber ähnlich viele falsche Fährten und ein wenig mehr von Danowskis persönlichen Problemen (da kann man wie bei mancher TATORT-Folge durchaus kontrovers darüber diskutieren), aber insgesamt sehr lesenswert, weil wie bei den anderen Büchern dieses Autors die Schauplätze so schön plastisch vor dem Auge entstehen.

Doch den will ich

 

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Peter Nichols / Die Sommer mit Lulu

Was so fröhlich und unbedarft daherkommt, ist ein wunderbar schräg komponiertes, böses Beziehungsdrama. Eine komplett auf den Kopf gestellte Geschichte, aus mehreren Perspektiven erzählt: Es beginnt praktisch mit dem Tod der beiden Protagonisten (im Streit stürzen die beiden Über-Achtzigjährigen von einer Klippe, köstlich). Ja, und dann geht es los.

Nichols hat seine absolut besten Szenen, wenn er, als ehemaliger Seemann, Bilder und Begebenheiten mit Bezug zum Meer schildert. Da der Roman größtenteils auf Mallorca spielt, gibt es davon reichlich.

Keine große Literatur, aber ein schönes, spannendes Buch mit einem wirklich ungewöhnlichen Plot. Toll. Unter Seglern und Malle-Kundigen topp smalltalktauglich!

Mallorca und Segeln, klingt gut